In den Protestbewegungen des „Arabischen Frühlings“, die in vielen arabischen Staaten zu Umbrüchen und Verfassungserneuerungen geführt haben, spielten Frauen eine zentrale Rolle. Sie protestierten unter anderem gegen Geschlechterungerechtigkeit, Diskriminierung und sexuelle Gewalt. Das nationale Frauenwahlrecht wurde in den Ländern der Region Naher/Mittlerer Osten und Nordafrika – außer in Saudi Arabien – bereits viele Jahre vorher eingeführt. Heute ist auch die Gleichstellung von Mann und Frau in vielen Verfassungen in der Region niedergeschrieben.
Im Familienrecht zeichnet sich jedoch ein anderes Bild ab. Viele der arabischen Staaten, die nicht zögerten, Frauen bestimmte bürgerliche und politische Rechte zuzugestehen, sind jedoch nicht bereit, ihnen diese Rechte auch im privaten Bereich einzuräumen. Das arabische Familienrecht wird fast überall nach wie vor von religiösen Vorschriften geregelt oder leitet sich vom religiösen Kanon ab.
Trotz regionaler Unterschiede wird in fast allen arabischen Ländern Männern ein großer Teil an Kontrolle über das Leben der Frauen eingeräumt: Ihre Möglichkeit zu arbeiten, zu heiraten, zu reisen oder am öffentlichen Leben teilzunehmen unterliegt vielerorts der Zustimmung des Ehemanns oder der männlichen Angehörigen. Scheidungsmöglichkeiten sind für Frauen zum Teil erheblich eingeschränkt, ebenso wie Entscheidungskompetenzen hinsichtlich der Angelegenheiten leiblicher Kinder.
Warum sind die arabischen Staaten so zurückhaltend, wenn es um die Modernisierung oder die Einführung eines progressiven Familienrechts geht? Welche Rolle spielen koloniales Erbe, autoritäre Strukturen und innerstaatliche (politische) Allianzen? Welchen Einfluss hatten der arabische Frühling und die damit initiierten Transformationsprozesse auf Frauenrechte? Nicht zuletzt stellt sich in Staaten wie Marokko, wo es zur Modernisierung des Familienrechts kam, die Frage nach dem Verhältnis von geschriebenem Recht und Realität: Inwieweit können diese Veränderungen unter den gegebenen politischen Umständen auch zu Reformen innerhalb der Gesellschaft führen?
Diese und andere Fragen sollen diskutiert werden mit:
- Dr. Elham Manea, Politikwissenschaftlerin, Institut für Politikwissenschaften, Universität Zürich
- Prof. Dr. Susanne Schröter, Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam (FFGI), Goethe-Universität Frankfurt
- Moderation: Dr. Anne Françoise Weber, Sozialwissenschaftlerin und Journalistin
Programmablauf
ab 17.30 Uhr
Anmeldung
18.00 Uhr
Begrüßung
Katia Schnellecke, Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin
Cora Josting, Ibn Rushd Fund, Berlin
18.10 Uhr
Dialoggespräch und anschließende Diskussion mit dem Publikum
Dr. Elham Manea, Prof. Dr. Susanne Schröter, Dr. Anne Françoise Weber
20.00 Uhr
Veranstaltungsende und Ausklang bei Imbiss
Wann
15. Juni 2017, 18-20 Uhr
Wo
Friedrich-Eber-Stiftung
Haus 2, Konferenzsaal
Hiroshimastr. 28, 10785 Berlin
Um Anmeldung wird gebeten bis zum 06. Juni 2017 per E-Mail an klaus.geissler@fes.de.